Eine Veranstaltungsreihe des ÖGB zum Thema Nanotechnologie und ArbeitnehmerInnenschutz
Mit Nanotechnologie werden Materialien hergestellt, die aus winzig kleinen Teilchen (Nanopartikeln) bestehen. Bereits heute beinhalten viele Alltagsprodukte, wie Kosmetika, Lacke oder Textilien, Nanopartikel. So können mit Nanopartikeln beispielsweise wasserabweisende und selbstreinigende Oberfl ächen, kratzfeste Lacke oder Kosmetika mit UV-Schutz hergestellt werden.
Die gesundheitlichen Risiken sind nicht einschätzbar. Bisher gibt es keine einheitliche Methode, um Gefahren durch Nanopartikeln zu messen und zu bewerten. Viele Fragen sind noch ungeklärt:
- Welche gesundheitlichen Risiken entstehen bei der Arbeit mit Nanotechnologie?
- Wie kann man ArbeitnehmerInnen vor diesen Risiken schützen?
- Welche politischen Maßnahmen müssen getroffen werden?
Es diskutieren:
- Monika Kemperle, Leitende Sekretärin des ÖGB
- Tony Musu, Europäischen Gewerkschaftsbund
- Günther Kittel, NanoCap Projekt Österreich
- Reinhild Pürgy, Arbeitsinspektion (angefragt)
Termine und Orte
Dienstag, 21.10. 2008, TIC Steyr
Mittwoch, 22.10. 2008, Firma electrovac, Klosterneuburg
Donnerstag, 13.11.2008, Vorarlberg (Ort wird noch bekannt gegeben)
Beginn jeweils 16:00 Uhr
Mehr Informationen und Anmeldung unter sozialpolitik@oegb.at oder 01/ 534 44-463 (Sandra Micic)
Eine Information des ÖGB
Nanotechnologie:
Die unsichtbare Gefahr am Arbeitsplatz
Werkstoffe, Textilien, Kosmetika, Lacke und „selbstreinigende“ Oberflächen sind nur einige Einsatzmöglichkeiten der Nanotechnologie, mit der hohe technologische und wirtschaftliche Erwartungen verbunden sind. Welche Risiken für ArbeitnehmerInnen entstehen können, die mit den winzigen, hoch reaktiven Nano-Partikelchen arbeiten und sie über die Haut, Atemwege oder Verschlucken aufnehmen, wird häufig ausgeblendet. So lange gesundheitliche Schäden drohen, sind Schutzmaßnahmen erforderlich. Der ÖGB arbeitet an einem europäischen Projekt mit, das einen verantwortungsbewussten Umgang mit Nanotechnologie zum Ziel hat.
Verantwortung für ArbeitnehmerInnen wahrnehmen
Es liegt in der Forschungsverantwortung, immer auch mit zu bedenken, wie sich neue Technologien auf den menschlichen Körper auswirken, vor allem auf Menschen, die acht Stunden täglich mit Werkstoffen und Produkten arbeiten. Nicht nur wirtschaftliche Überlegungen und Vorteile für die KonsumentInnen dürfen im Vordergrund stehen. Bei der Nanotechnologie ist die Folgeabschätzung noch nicht fundiert.
Was ist Nanotechnologie?
Nanotechnologie verwendet Materialien, die nur zwischen 1 und 100 Nanometern groß sind, d.h. viel kleiner als bisher üblich. Ein Nanometer ist ein Milliardstel Meter, er verhält sich zu einem Meter wie der Durchmesser einer Haselnuss zu dem der Erde. Zum Vergleich: Ein menschliches Haar hat einen Durchmesser von ca. 50.000 Nanometern. Der Träger der genetischen Information im Zellkern, das DNA-Molekül, ist 2 bis 3 Nanometer dick. Verglichen mit größeren Teilchen desselben Materials zeigen Nanoteilchen ganz andere physikalische und chemische Eigenschaften. Dies macht sie für technische Innovationen interessant, kann jedoch zugleich die Quelle möglicher Risiken darstellen.
Risiken der Nanotechnologie noch unklar
Das Wissen um mögliche negative Auswirkungen hat mit der Expansion der Nanotechnologien bisher nicht Schritt gehalten. Die mit ihnen verbundenen potenziellen Gefahren und Risiken für Gesundheit und Umwelt sind noch überwiegend unerforscht. Nanopartikel besitzen als ein gemeinsames Merkmal eine im Verhältnis zu ihrer Masse äußerst große Oberfläche und hohe Beweglichkeit, was neue Eigenschaften und eine erhöhte Reaktivität nach sich zieht: Kleinere Partikel weisen eine relativ stärkere toxische Wirkung auf und können vom menschlichen Organismus besser aufgenommen werden als größere.
Gefahren für die Gesundheit drohen
Manche Nanopartikel dürften Biomembranen und sogar die Blut-Hirn-Schranke durchdringen können. Bislang wurden Schadeffekte im Organismus vor allem mit der Verursachung von oxidativem Stress und anschließenden Entzündungen begründet.
Das Einatmen von schwerlöslichen bzw. unlöslichen Teilchen kann erfahrungsgemäß ernste Gesundheitsschäden verursachen, z. B. Lungenschäden und Herz-Kreislauf-Schäden. Wie giftig synthetische Nanopartikel wirklich sind, ist jedoch weitgehend unbekannt und noch nicht ausreichend untersucht.
Verbindliche Schutzmaßnahmen fehlen
Entscheidend für ArbeitnehmerInnen und Gewerkschaften sind die Umstände, dass Nanotechnologien bereits die Forschungslabors verlassen haben und in der Arbeitswelt eingeführt werden, und dass auf der ganzen Welt keine Regierung verbindliche Vorschriften zur Lenkung von Nanotechnologien erlassen hat. Derzeit gibt es allerdings nur wenig gesicherte Daten über die menschliche Exposition gegenüber Nanomaterialien. Geeignete Messstandards und Messmethoden fehlen. Wie wirksam technische Schutzsysteme und persönliche Schutzausrüstung sind, ist noch zu prüfen. Es ist fraglich, ob sich die für konventionelle Chemikalien verwendeten Kontrollmethoden für Nanopartikel überhaupt eignen.
Individuellen und volkswirtschaftlichen Schaden vermeiden
Solange die (langfristigen) Folgen von dauerhaftem Kontakt mit Nanopartikelchen nicht genau abgeschätzt werden können, müssen Regelungen geschaffen werden, die Unternehmen zu Vorsichtsmaßnahmen zwingen. Der Umgang mit den hoch reaktiven Teilchen ist nicht nur für den einzelnen Arbeitnehmer bedrohlich. Wenn epidemieartig Folgekrankheiten auftreten – wie wir es heute von den lange unbekannten Risiken beim Umgang mit Asbest kennen – kommen enorme Kosten auf die Volkswirtschaft zu.
Arbeitsplätze sicher gestalten – ArbeitnehmerInnen schützen
Der momentane Wissensstand über Nanotechnologie erfordert Schutzmaßnahmen für ArbeitnehmerInnen und einheitliche Regelungen und Vorschriften. Einige Unternehmen, wie etwa BASF, haben bereits einen unternehmensinternen Leitfaden zur sicheren Herstellung und bei Tätigkeiten mit Nanopartikeln an Arbeitsplätzen erstellt, um weitgehend zu vermeiden, dass ArbeitnehmerInnen den ständig den winzigen Teilchen ausgeliefert sind.
Der ÖGB Oberösterreich fordert, dass das Ministerium für Wirtschaft und Arbeit eine Erhebung in Auftrag gibt, um zu eruieren, welche Unternehmen und Einrichtungen derzeit an der Entwicklung und/oder Anwendung von Nanotechnologien arbeiten. Ähnlich wie in der Schweiz oder in Deutschland könnte ein Überblick gewonnen werden, welche Rolle Nanotechnologie an Arbeitsplätzen spielt.
Solange die gesundheitlichen Auswirkungen der Nanopartikel auf den menschlichen Körper unklar, aber plausibel sind, muss die Arbeit mit Nanopartikeln vorläufig so gestaltet werden, dass Hautkontakt und Inhalation möglichst vermieden wird. Wie bei Stoffen mit höchstem Risiko müssen verbindliche Vorschriften festgelegt werden.
Für Klein- und mittelständische Unternehmen müssen beim Einrichten von sicheren Arbeitsplätzen unterstützt werden. Um überprüfen zu können, ob Sicherheitsmaßnahmen im Umgang mit Nanotechnologien eingehalten werden, müssen ArbeitsinspektorInnen entsprechend qualifiziert werden.
Datum: 12.07.2007