Fragen der Nutzung und Regelung von Internet/Social Media im betrieblichen Kontext
Unter dem Titel „Social Media“ hat die Bildungsabteilung des ÖGB Steiermark ein Tagesseminar ausgeschrieben und mehr als zwanzig KollegInnen aus unterschiedlichen Branchen und mit unterschiedlichem Gewerkschaftshintergrund sind in die Otto-Möbes-Akademie gekommen. Hinter dem allgemein gehaltenen Seminartitel steht die eingehende Beschäftigung mit Fragen rund um die Internet-/Social Media-Nutzung durch ArbeitnehmerInnen sowohl beruflich in der Arbeitszeit als auch privat in der Freizeit.
Einstieg
Sammlung grundsätzlicher Interessen und Fragen der TeilnehmerInnen zum Thema:
- Kritische Aspekte,
- Gestanldung von Betriebsvereinbarungen,
- rechtliche Aspekte und Grundlagen der Internetnutzung im Arbeitsverhältnis,
- Sicherheitsaspekte,
- Umsetzung einer eigenen Plattform für den Betriebsrat bzw. die Personalvertretung oder den Jugendvertrauensrat,
- Datenschutz,
- Facebook im Einsatz zur Kommunikation mit der Belegschaft,
- Online Banking,
- Postings von Firmeninterna.
Teil 1: Internet – Web 2.0 – Social Media? Was jetzt genau und warum?
In einem ersten Teil ging es darum, einen Blick auf die Entwicklungen des Internet hin zum Web 2.0 bzw. den Social Media zu werfen und sich einige der „Tools“ und Plattformen, wie Social Networks, Blogs, Twitter etc., die hier in diesem Zusammenhang von Bedeutung sind, genauer anzusehen.
Teil 2: Internetnutzung durch ArbeitnehmerInnen – rechtliche Grundlagen, betriebliche Regelungen, neue Herausforderungen
Im zweiten Teil widmeten wir uns ausführlich den rechtlichen Grundlagen der Internetnutzung am Arbeistplatz, den Regelungsmöglichkeiten durch den Betriebsrat sowie der Diskusssion von arbeitsrechtlich relevanten Fragen/Problemstellungen im Zusammenhang mit Social Media-Präsenz und -Nutzung sowohl der ArbeitnehmerInnen persönlich als auch der Unternehmen.
In den rechtlichen Teil einsteigend wird festgehalten: Die Grundrechte – Schutz der Privatsphäre, Briefgeheimnis, Persönlichkeitsrechte, Recht auf Datenschutz, Recht am eigenen Bild – gelten auch in Social Media. Gesetzliche Grundlagen:
- § 16 ABGB 1811 (!),
- StGG 1867 (!),
- EMRK 1959 (VerfG seit 1964),
- Datenschutzgesetz 2000 (DSG 2000),
- Strafgesetzbuch: § 118ff StGB),
- §§ 96 und 97 Abs 1 Z 6 Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG).
Ersichtlich wird in der Auflistung, dass auch alte Rechtsbestände teilweise zwar nach wie vor allgemeine Rechtsgrundsätze passend formulieren, insgesamt aber Recht und Rechtssprechung hinter den technologisch-gesellschaftlichen Entwicklungen hinterher hinken. Rechtlich gesehen sehen bestehen vor allem in Bezug auf neue Nutzungsformen des Internets, der individuellen Veröffentlichungsmöglichkeiten und Dynamiken der Social Media, rechtliche Grauzonen. Trotz der Unsicherheiten, die hier bisweilen bestehen, ist es aus gewerkschaftlicher Sicht erforderlich, etwaigen Einschüchterungen von ArbeitnehmerInnen als „UserInnen“ vorzubeugen. Das muss sowohl über Aufklärungs- und Informationsarbeit als auch verstärkt über ein „netzpolitisches“ Eintreten für Internetnutzungsrechte bzw. -freiheiten von ArbeitnehmerInnen geschehen. Die Orientierungspunkte für die Nutzung und Regelung von Internet im Betrieb sind in der Präsentation ebenso zusammengefasst wie die wesentlichen Eckpunkte, wenn es um die Social Media-Nutzung durch den Betriebsrat geht (Stichwort: „Internetauftritt des Betriebsrats“, siehe dazu auch das Seminarangebot von VÖGB und GPA-djp). Weitere umfassende Informationen finden sich
- in der Broschüre “vernetzt, ver[www]irrt, verraten? Web 2.0 in der Arbeitswelt – ein Überblick für BetriebsrätInnen” der GPA-djp Abteilung Arbeit und Technik (als Seminarunterlage ausgeteilt!);
- allgemein im „Arbeit und Technik“-Weblog (Blog zu Fragen des betrieblichen Datenschutzes, des Technikeinsatzes im Betrieb und der Arbeitsorganisation);
- in folgenden Artikeln des Buchs „Soziale Bewegungen und Social Media. Handbuch für den Einsatz von Web 2.0“ (ÖGB Verlag):
– „Heul nicht! Sag was! Der Interessenkonflikt Arbeitgeber vs. Arbeitnehmer im Netz“,
– „Die Arbeitnehmer-Blogosphäre. Eine Gegenöffentlichkeit 2.0 der Betriebsräte und Gewerkschaften entsteht“ und
– „Auszug aus dem NetzKnigge
Tipps für den verantwortungsvollen und souveränen Auftritt von Dummies für Dummies“.
Darüber hinaus wurden im Verlauf des Seminartages auch noch andere Detailfragen und Themenfelder aufgeworfen und diskutiert bzw. zum Teil intensiver, zum Teil weniger intensiv behandelt. Dazu hier noch eine (nicht abschließende) Linkliste zur weiterführenden Vertiefung.
- Studie der Forschungs- und Beratungsstelle Arbeitswelt (FORBA): „Verwendung personenbezogener Daten und grenzen betrieblicher Mitbestimmung: Datenschutz in der Arbeitswelt“. (Interview mit dem Studienautor Thomas Riesenecker-Caba, Downloadmöglichkeit der Studie als PDF. Die Studie behandelt den Einsatz verschiedenster technischer Systeme im Betrieb und Möglichkeiten sowie Herausforderungen der Regelung des Technikeinsatzes.)
- Plattform „Europe versus Facebook“ mit allen Informationen und Hintergründen sowie Medienberichten rund um die Klage von Max Schrems gegen Facebook.
- Tipps zum sichern Surfen: „Safer Surfen – Tipps und Tricks zum sicheren Umgang mit dem Internet“ auf der Info-Plattform Saferinternet.at.
- Info-Broschüre „Du bestimmst… Datenschutz – Fakten und Gefahren“ zum Umgang mit persönlichen Daten im Internet zum Downloaden auf der Homepage der Datenschutzkommission.
- Die Österreichische Datenschutzkommission (von da aus geht es auch zum Datenverarbeitungsregister).
- Bericht über einen aktuellen Fall einer Entlassung aufgrund eines Postings auf Facebook (futurezone.at) – in Österreich einer der ersten, der in dieser Breite bekannt wurde und bei dem eine der betroffenen ArbeitnehmeInnen mit Unterstützung der Arbeiterkammer gegen die Entlassung vorgeht.
- Einige aktuelle Tipps zu Privatsphäreeinstellungen auf Facebook auf futurezone.at
- Zwei Artikel zu Twitter in Österreich: „Das ist Österreichs Twitteria
Nur 68.000 Österreicher sind auf Twitter, aber die populärsten darunter entwickeln enorme Mobilisierungskraft.“ (kurier.at) und „Twitter-Studie. In 140 Zeichen die Welt erklären.“ (derstandard.at) - GPA-djp „Lehrgang zum betrieblichen Datenschutzbeauftragten“.
Kontakt ReferentInnen:
- Gerda Höhrhan-Weiguni (Email),
- Thomas Kreiml (weitere Informationen auf www.sozialebewegungen.org).