ArbVG to go (Doku)

Bild: Petra Bernhard, CC BY-NC

„ArbVG to go, die kleine Auffrischung für zwischendurch“ lautet der Titel unseres eintägigen Seminars geleitet von Arbeitsrechtsexpertinnen der GPA-djp, das von BetriebsrätInnen zahlreich nachfragt wird. Insbesondere für BetriebsrätInnen, die bereits langjährige Erfahrungen als BelegschaftsvertreterInnen haben, dürsten oft geradezu nach einer Auffrischung der wichtigsten arbeitsrechtlichen Grundlagen ihrer Arbeit, denn:

„Im Laufe der Zeit entwickelt man Routine und wächst mit den Aufgaben. Trotzdem bleibt’s spannend! Vor allem dann, wenn da plötzlich wer kommt, und alle erfolgreich erarbeiteten Routinen hinterfragt. Mit Fragen, die man über die Jahre aus dem Blick verloren hat, die aber den Kern der Betriebsratsarbeit ausmachen:
Was sind die Aufgaben des Betriebsrates? Was hat es mit der Interessensabwägung auf sich? Welche Möglichkeiten bietet die BR-GO (Betriebsrats-Geschäftsordnung)? Welche Schritte müssen bei einer Betriebsratssitzung, einer Betriebsversammlung, einer Kündigung, Versetzung etc. eingehalten werden? Was muss wann und wie protokolliert werden?“

So beschreiben wir es in der Seminarausschreibung zu „ArbVG to go“ und weist damit auf einen Zweck dieses „Auffrischungsseminars“ hin, der nicht nur in der Betriebsratsarbeit beachtet werden sollte: sich Zeit und Raum nehmen, um aus den gewohnten Pfaden herauszutreten und die Niederungen des Alltags mit seinen Gewohnheiten und bekannten Routinen zu verlassen. Das ermöglicht Reflexion durch die neue Fragen gestellt werden und somit neue Perspektiven entwickelt werden können. So kann die Fähigkeit weiterentwickelt werden, neue Lösungen für bekannte Problemstellungen zu finden, aber auch neue Projekte und Ziele anzugehen, also sich neuen Problemen zu stellen und Lösungen für sie zu suchen.

„Wenn wir jedoch etwas in Gang setzen und Veränderungen erreichen wollen, müssen wir uns von unseren gewohnten Denkmustern und bequemen Annahmen befreien. Wir müssen von unseren ausgetretenen Pfaden abweichen. Und das wird größtenteils durch Fragen bewerkstelligt.“ (Warren Berger: Die Kunst des klugen Fragens. München 2017: Piper, Seite 16.)

Und auch in Bezug auf die Betriebsratsarbeit gilt dabei, wie an den grundlegenden Fragen, denen das Seminar nachgeht, zu sehen ist: Auch vermeintlich einfache Fragen, sind gute und wichtige Fragen und es ist eine Tugend, das Stellen solcher Fragen nicht zu verlernen. Dementsprechend orientieren sich auch Inhalte und Programm des Seminars an Leitfragen.

1. Teil: Erwartungen der TeilnehmerInnen und Kennenlernen

Was erwarten sich die TeilnehmerInnen von diesem Seminartag?
Wie sieht das Programm bzw. der Ablauf des Seminars aus?
Wie lange sind sie schon als Betriebsrätinnen tätig?
In welcher Betriebsratsfunktion sind sie tätig?
Aus welcher Branche kommen die TeilnehmerInnen?

Gefragt nach ihren Erwartungen notieren die TeilnehmerInnen diese nach einem kurzen Brainstorming auf bunte Kärtchen. Die Kärtchen werden gesammelt und an eine Pinnwand geheftet, wo sie den ganzen Tag gut sichtbar sind. Die TeilnehmerInnen haben dabei Gelegenheit miteinander ins Gespräch zu kommen, sich kennenzulernen interagieren und anhand ihrer Erfahrungen sowie der Fragen, die sie mitbringen, erste Überlegungen zum Seminarthema anzustellen und auf diese Weise aktiv zu werden.

Der erste Austausch zu den Erwartungen wird durch eine Aufstellungsübung fortgeführt, bei der nicht nur kurze persönliche Vorstellungen stattfinden – schließlich sollen alle Anwesenden einen Überblick bekommen, wer aller da ist und mit wem sie es den ganzen Seminartag lang zu tun haben werden. Darüber hinaus schaffen die Gruppierungen der TeilnehmerInnen anhand unterschiedlicher Fragestellungen auch einen guten Überblick über die Gruppe, in der man sich befindet.

Bild: GPA-djp Bildung, CC BY-NC

Soll ein Seminar den üblichen Qualitätskriterien (der Erwachsenenbildung) kommt es nicht ohne solche Prozesse des Kennenlernens und des Abfragens von bzw. des Austauschs über Erwartungen der TeilnehmerInnen sowie Themen und Fragestellungen, die sie interessieren, aus. Nur wenn die SeminarteilnehmerInnen die Möglichkeit haben, hier ihre Perspektiven einzubringen, ist es auch möglich, auch auf ihre Erfahrungen und ihre Interessen einzugehen. Zudem wird es dadurch möglich, das Seminar im Sinne eines gemeinsamen Lernprozesses zu gestalten, in dem alle Beteiligten in unterschiedlichen ExpertInnenrollen beitragen können. Mit „unterschiedlichen ExpertInnenrollen“ ist gemeint, dass sowohl die SeminarleiterInnen als auch die TeilnehmerInnen ExpertInnen in unterschiedlichen gewerkschaftlichen Bereichen sind, BetriebsrätInnen etwa in ihrer betrieblichen Praxis, RechtsschutzsekretärInnen in ihrem Fachbereich in der Organisation.

Bild: GPA-djp Bildung, CC BY-NC

Nach dem eingehenderen Kennenlernen in Form von Aufstellungen, gehen die TrainerInnen noch einmal auf die zuvor gesammelten Erwartungen ein. „Die zuvor gesammelten Erwartungen wurden besprochen, um zum einen Überblick zu schaffen und zum anderen auch, um offenzulegen was im vom geplanten Programm her abgedeckt wird und was nicht. Mit einem ‚Themenparkplatz‘ haben wir versucht, Raum für individuelle oder tiefergehende Fragen zu den Themen des Seminars zu schaffen.“ (Für Themen und Fragen, die trotz des Bemühens der TrainerInnen in einem Seminar nicht behandelt werden können, empfiehlt es sich in der Regel, in unser Bildungsprogramm zu schauen.)

2. Teil: Basics

Über welche Befugnisse verfügt der Betriebsrat?
Welche Verantwortlichkeiten hat der Betriebsrat?
Welche ArbeitnehmerInnen werden vom Betriebsrat?
In welcher Weise kann der Betriebsrat seine Beratungsrechte ausüben?
Wie sind der Betriebsrat bzw. seine Mitglieder geschützt?

In diesem Teil von „ArbVG to go“ werden die Grundsätze für das Tätigwerden von BetriebsrätInnen samt dazugehörender Gesetzesstellen besprochen. Die hauptsächlichen Themen, um die es hier geht, sind:

  • Beschränkungsverbot,
  • Antragsrecht,
  • die Grundsätze der Interessenvertretung der Belegschaft durch den Betriebsrat sowie
  • ein kurzer einleitender Überblick über die im ArbVG vorgesehene Häufigkeit von Betriebsratssitzungen (mehr dazu weiter unten!).

Des Weiteren widmen sich TrainerInnen und TeilnehmerInnen diesem Teil des Seminar der Frage, in welcher Weise der Betriebsrat sein Beratungsrecht ausüben kann und welche ArbeitnehmerInnen vom Betriebsrat überhaupt vertreten werden bzw. für welche ArbeitehmerInnen der Betriebsrat nicht zuständig ist.

Daran anschließend wird ein genauerer Blick auf das Betriebsratskollegium geworfen: „Wir haben besprochen welche Befugnisse dem Betriebsrat generell zuteil werden und uns mit der Verschwiegenheitspflicht sowie den Grundsätzen der Mandatsausübung (Ehrenamtlichkeit, Weisungsfreiheit, Beschränkungs- und Benachteiligungsverbot, Versetzungsschutz) näher auseinandergesetzt. Ein weiteres Thema war die Verantwortlichkeit des Betriebsrats und die Vertretung des Betriebsratskollegiums nach außen“, so die TrainerInnen.

Den Teil der „ArbVG-Basics“ abschließend, werden die Möglichkeiten der Freistellung nach §§ 117, 118 und 119 sowie der Kündigungs- und Entlassungsschutz von Betriebsratsmitgliedern erläutert und diskutiert. Wichtig ist den SeminarleiterInnen dabei, dass die TeilnehmerInnen „während des Vortrages hatten stets die Möglichkeit hatten, punktuell Fragen zu stellen oder eigene Fälle einzubringen, die gemeinsam – und nur falls nötig mit unserer Hilfe – gelöst wurden.“

Vertiefung durch Übung bzw. Fallarbeit

Die praktische Betriebsratsarbeit bedeutet Zusammenarbeit mit KollegInnen in unterschiedlichen Konstellationen. Problem- und Fragestellungen die auftreten, werden mit anderen Betriebsratsmitgliedern, mit GewerkschaftssekretärInnen oder anderen Vertrauten besprochen. Was in der Praxis mehr oder weniger selbstverständlich ist, wird auch in unseren Seminaren gelebt, um neue Themen und spezielle Fragestellungen vertiefend zu behandeln und beim gemeinsamen Suchen nach Lösungen vorhandene Erfahrungen und das Wissen anderer zu nutzen. In mehreren Kleingruppen müssen die TeilnehmerInnen im Seminar „ArbVG to go“ jeweils einen Fall bearbeiten und nach Möglichkeit lösen. Die selbstständige Auseinandersetzung mit diesen Fällen dient der Vertiefung der im „Basics-Teil“ behandelten Themen. „Ein Teilnehmer je Gruppe präsentierte jeweils die Lösung zu der die Gruppe kam und im Anschluss wurde darüber diskutiert, teilweise durch die TeilnehmerInnen selbst korrigiert. Gegebenenfalls haben auch wir noch zusätzlichen Input zu den Fällen und zur präsentierten Lösung gegeben. Besonders interessant war es, wenn die KollegInnen auch noch Beispiele aus ihrer eigenen Betriebsratstätigkeit zu den besprochenen Fällen eingebracht haben“, berichten die Trainerinnen rückblickend.

3. Teil: Die Betriebsratssitzung

Welche Rolle spielen Betriebsratssitzungen in der Betriebsratsarbeit?
Wie werden Betriebsratssitzungen ordnungsgemäß einberufen?
Wie werden in einer Betriebsratssitzung Beschlüsse gefasst?

In diesem Teil werden die Erfordernisse, die Voraussetzungen, der Ablauf und die Eigenheiten von Betriebsratssitzungen besprochen. Die TeilnehmerInnen erhalten einen Überblick, wie Betriebsratssitzungen ordnungsgemäß einberufen werden, wie in einer Betriebsratssitzung Beschlüsse gefasst werden, wie der Ablauf einer Betriebsratssitzung idealerweise aussieht, welche Mehrheitserfordernisse für welche Beschlüsse vorliegen müssen etc.

Hinsichtlich der Betriebsratssitzungen werden in „ArbVG to go“ auch die rechtlichen Grundlagen besprochen, wie Aufgaben innerhalb des Betriebsratskollegiums in Einzelfällen oder ständig an andere Mitglieder des Betriebsrats oder an einen Ausschuss übertragen werden können. Hier werden auch Tipps und Tricks zur Erleichterung der Abhaltung von Betriebsratssitzungen aus arbeitsrechtlicher Sicht durchgegangen. Zum Thema gemacht wird darüber hinaus auch der Beschluss einer autonomen Geschäftsordnung. Abschließend wird die Zurverfügungstellung von Sacherfordernissen für die betriebsrätliche Tätigkeit näher besprochen und anhand von individuellen Beispielen der TeilnehmerInnen erörtert.

Dass abgesehen von den rechtlichen Möglichkeiten und Erfordernissen für die Gestaltung von Betriebsratssitzungen in der Praxis auch Gruppendynamiken eine Rolle spielen und sich Fragen der Teamarbeit genauso stellen wie Konfliktsituationen auftreten können, ist nicht Gegenstand dieses Seminars, sondern wird in unserem Workshop „Betriebsratssitzungen: Aktivierung – Beteiligung – Konfliktlösung“ eingehend behandelt.

4. Teil: Die Betriebsversammlung

Annäherung an das Thema: erfahrungsgeleitetes, selbstgesteuertes Lernen in Kleingruppen

Um in diesen Teilbereich des ArbVG auffrischend einzusteigen bilden die TeilnehmerInnen wieder Kleingruppen und jede Gruppe erhält eine fiktive Einladung zu einer Betriebsratsversammlung, die zahlreiche Fehler enthält, mit dem Auftrag, den Einladungstext zu diskutieren. Die Aufgabenstellung an die Gruppen lautet, Fehler zu finden und zu korrigieren bzw. die vorhandenen Kenntnisse, über die die TeilnehmerInnen diesbezüglich bereits verfügen und in der Praxis umgesetzt haben, einzubringen.

Wie wird eine Betriebsversammlung einberufen?
Welche Inhalte werden in Betriebsversammlungen behandelt?
Wer kann an der Betriebsversammlung teilnehmen?
Wie werden bei Betriebsversammlungen Beschlüsse gefasst?

Im Anschluss an die Fallbearbeitung wird das Thema Betriebsversammlung durch Inputs vertieft. Dazu gehören: Die Formerfordernisse der Einberufung, der Inhalt, die Möglichkeit der Beiziehung von externen Personen, die Abstimmungserfordernisse bei Beschlussfassung und sonstige Formalitäten, wie die Führung eines Protokolls und die Abhaltung von Teilversammlungen.

Für BetriebsrätInnen ist es wichtig, in Bezug auf diese rechtlich grundgelegten Formerfordernisse für die Durchführung von Betriebsversammlungen sattelfest zu sein. Allerdings sagt die formal einwandfreie Durchführung einer Betriebsversammlung noch nichts über ihre Attraktivität aus. Was passieren muss, damit aus einer Betriebsversammlung eine spannende, gut besuchte, motivierende, richtungsweisende und kraftgebende Veranstaltung wird, zu der alle Beschäftigten gerne kommen, ist nicht Gegenstand des Seminars ArbVG to go. Um diese Frage gut und tatkräftig beantworten zu können, empfiehlt sich die Teilnahme an unserem Workshop „Betriebsversammlung – und alle gehen hin“.

5. Teil: Beschlüsse und „Specials“

Welche Beschlüsse kann, soll oder muss der Betriebsrat fassen?
Wie erfolgt die Beschlussfassung im Betriebsrat?
Welche Formen der Auflösung von Dienstverhältnissen gibt es und wie unterscheiden sie sich?
Welche Handhabe und Mitbestimmungsmöglichkeiten hat der Betriebsrat bei der Auflösung von Dienstverhältnissen?

Der letzte Themenblock wird ebenfalls mit einer Fallarbeit in Kleingruppen eingeleitet. Bei den Fällen geht es im Themen, die im Anschluss mittels Inputs der Trainerinnen vertiefend erläutert werden, und zwar:

  • Beschlüsse des Betriebsrates,
  • Versetzung,
  • Kündigung,
  • Entlassung und
  • einvernehmliche Lösung des Dienstverhältnisses.

Die oben anhand der Fälle erarbeiteten Themen werden wiederum detaillierter und unter Bezugnahme auf die vorangegangene Fallarbeit besprochen. Den TrainerInnen ist es auch in dieser Phase des Seminars wichtig, dass die TeilnehmerInnen die Gelegenheit haben, sich über ihre eigenen Erfahrungen auszutauschen und individuelle Fragen zu diesen Themen zu stellen.

Abgeschlossen wird das Seminar mit einem Blick auf die gesammelten Erwartungen und dem Resümee darüber, welche Themen besprochen wurden, welche Fragen noch offen geblieben sind und nachträglich beantwortet werden. Dass einige Fragen offen und die Notwendigkeit, spezielle Fälle vertiefend zu behandeln, bestehen bleiben, ist in Seminaren nicht unüblich. Wo den Formaten der (gewerkschaftlichen) Bildung Grenzen gesetzt sind, geht es im Beratungssetting, in der Zusammenarbeit zwischen Betriebsrat und den GewerkschaftssekretärInnen in den GPA-djp Regionen weiter.

Die Präsentationen

Gerda Höhrhan-Weiguni, Caroline Zechmeister: ArbVG to go – die kleine Auffrischung für zwischendurch (PDF)

Helga Hons, Gerda Höhrhan-Weiguni – ArbVG to go – Überblick (PDF)

Das Seminar „ArbVG to go – die kleine Auffrischung für zwischendurch“ wurde von Gerda Höhrhan-Weiguni und Helga Hons konzipiert und wird mittlerweile in abwechselnder Zusammenarbeit von den Kolleginnen Gerda Höhrhan-Weiguni, Songül Kepez und Caroline Zechmeister weiterentwickelt und geleitet.

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